Das Kasseler Forum, der Zusammenschluss der Verbände im Betreuungswesen, hat zum Referentenentwurf des BMJ eines Gesetzes zur Regelung einer Inflationsausgleichs-Sonderzahlung für berufliche Betreuer, Betreuungsvereine und ehrenamtliche Betreuer und zur Änderung des Betreuungsorganisationsgesetzes (BetrInASG) Stellung genommen:
„Das Vorhaben des BMJ, auf die Inflation und Kostensteigerungen zu reagieren, wird von uns grundsätzlichpositiv bewertet. Eine angemessene Vergütung ist essentiell, um die Qualität und Kontinuität der rechtlichen Betreuung aufrechtzuerhalten. Eine zeitnahe Erhöhung der Vergütung ist dringlich.
Zu begrüßen ist insbesondere auch für die Praxis die vorgeschlagene Änderung in § 21 BtOG.
Der Entwurf berücksichtigt leider nur unzureichend die mit der Stellungnahme der Verbände vom 23.05. 2023 aufgezeigten Probleme zur aktuellen wirtschaftlichen Lage der Betreuungsvereine und der freiberuflichen Betreuerinnen und Betreuer.
Im Einzelnen:
1. Der Entwurf sieht Zahlungen erst ab 2024 vor, obwohl bereits ab Frühjahr 2022 hohe Kostensteigerungen einsetzten.
2. Die Höhe der vorgeschlagenen Beträge gleichen nicht die Kostensteigerungen aus. Sie berücksichtigen nicht, dass sowohl bei den freiberuflichen Betreuerinnen und Betreuern wie bei den Betreuungsvereinen die Kosten des Arbeitgebers, also das Arbeitgeberbrutto, zugrunde zu legen ist, wie es 2019 im Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung für die
Berechnung des Stundensatzes (BR-Drs. 101/19, S.19) erfolgt ist:
Zurecht sind dort zum Arbeitnehmerbrutto
25% AG-Bruttopersonalkosten,
4 % Overhead und
7.810 EUR Sachkosten
hinzugefügt worden.
3. Die Vorschläge berücksichtigen nicht, dass die Sonderzahlung von 3.000 EUR an Arbeitnehmer steuerfrei für diese erfolgt. Eine gesonderte Regelung zur Steuerfreiheit zumindest eines Teils des
Inflationsausgleichsbetrags ist daher erforderlich. Die Verbände des Betreuungswesens halten angesichts der Dringlichkeit erste Ausgleichszahlungen einen zeitnahen Beginn der Sonderzahlungen für notwendig. Diese müssten nach den vorliegenden Zahlen gut dreimal so hoch sein, wie im Entwurf vorgeschlagen.
Die prekäre Lage, die für viele freiberuflichen Betreuerinnen und Betreuer sowie Betreuungsvereine entstanden ist, wird dadurch verstärkt, dass etliche Gerichte die Änderungen der Betreuungsrechtsreform zum 01.01.2023 als Begründung für mehrmonatige Verzögerungen von Zahlungen von Vergütungen angeben. Dadurch sind Liquiditätsengpässe entstanden, die schnellstmöglich ausgeglichen werden müssen.
Bei einer Abkopplung der Betreuervergütung von der allgemeinen Lohn- und Einkommensentwicklu nwird das Folgen für Menschen haben, die auf eine rechtliche Betreuung angewiesen sind. Schon jetzt haben in vielen Regionen Betreuungsbehörden massive Schwierigkeiten, geeignete Betreuerinnen und Betreuer zu finden, stehen Vereine vor dem Aus und geben freiberufliche Betreuerinnen und Betreuer ihre Tätigkeit auf. Zudem verstärkt sich aktuell eine bereits in der letzten Stellungnahme vom23.05.2023 aufgezeigte Tendenz: Wenn nicht zeitnah ein Betreuervorschlag durch die Behörde erfolgen kann, werden Betreuungsbehörden bestellt. So entsteht eine Kostenverschiebung zu Lasten der Kommunen. Die Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind werden so zur Verschiebemasse.
Es ist sicherzustellen, dass die Inflationsausgleichsonderzahlungen bis zum Inkrafttreten der geplanten Vergütungsreform fortgeführt werden.
Sozial- und rechtspolitisch ist es wünschenswert, die Zahlung des Inflationsausgleichs in allen Betreuungsverfahren aus der Staatskasse vorzusehen.
Das Kasseler Forum:
der Zusammenschluss der Verbände im Betreuungswesen:
Betreuungsgerichtstag (BGT e.V.)
Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW e. V.)
Bundeskonferenz der Betreuungsvereine (BuKo)
Bundesverband der Berufsbetreuer/innen (BdB e.V.)
Bundesverband freier Berufsbetreuer (BVfB e.V.)
Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.
31.08.2023“
BetreuerInnen-Weiterbildung erweitert und aktualisiert ständig sein Weiterbildungsangebot für Berufsbetreuer/inn.